Banken werden zur Fairness gezwungen

Am 11. Juni 2010 trat die europäische Verbraucherkreditrichtlinie in Kraft. Sie hamonisiert die Kreditvergabe innerhalb der EU und sorgt für mehr Transparenz und eine bessere Information der Bankkunden. Zu oft wurden die Verbraucher in der Vergangenheit durch unlautere Werbemethoden hinters Licht geführt. Mit extrem günstigen Zinssätzen („ab 3,99 Prozent") haben viele Banken ihre Kunden geködert. Meist wurden im Kundengespräch dann viel höhere Zinsen angeboten, als in der Werbung versprochen. Damit ist nun Schluss. Die Verbraucherkreditrichtlinie verlangt, dass mindestens zwei von drei der zustande gekommenen Verträge tatsächlich den in der Werbung versprochenen Konditionen entsprechen.

Werbung: Wer für Kredite wirbt, darf nicht mehr nur einen besonders günstigen Zinssatz herausstellen. Sollzinssatz, Nettodarlehensbetrag und effektiver Jahreszins müssen jetzt „in klarer, verständlicher und auffallender Weise" angegeben werden. Außerdem muss in der Werbung ein realistisches Berechnungsbeispiel verwendet werden. Mindestens zwei von drei der zustande gekommenen Verträge müssen den in der Werbung versprochenen Konditionen entsprechen. Es ist also nicht länger möglich, mit einem niedrigen Zinssatz zu werben, diesen aber nur selten zu gewähren. Lockvogelangebote sollen damit in der Kreditwerbung endgültig unterbunden werden.

Einheitliche Berechnung des effektiven Jahreszinses: Die Angabe eines Effektivzinssatzes ist in der Werbung und vor Vertragsabschluss verpflichtend. In die Berechnung des Effektivzinssatzes müssen sämtliche durch den Kredit entstehenden Kosten einbezogen werden. Das Gesetz nennt hier auch ausdrücklich Vermittlungskosten.

Vorvertragliche Informationspflicht: Künftig muss der Verbraucher schon vor Abschluss des Vertrages über die wesentlichen Bestandteile eines Kredits informiert werden. Durch europaweit einheitliche Informationsmuster soll der Verbraucher verschiedene Angebote besser vergleichen können. Ein repräsentatives Rechenbeispiel, das nicht mit dem aus der Werbung identisch sein darf, muss dann dem Kunden den Kredit und seine Kosten erläutern.

Widerrufsrecht: Das Recht, einen Kreditvertrag zu widerrufen, gab es bislang nur in Deutschland und einigen anderen Mitgliedstaaten. Nun verfügen die Verbraucher europaweit über ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Die Widerrufsfrist beginnt mit Vertragsabschluss.

Vorzeitige Rückzahlung: Verbraucher müssen künftig keine mehrmonatige Kündigungsfristen einhalten, sondern können ihren Kredit schon früher als vereinbart zurückzahlen. Das gilt nicht nur für die gesamte Restschuld, sondern auch für einen Teilbetrag - etwa die Hälfte des Kredits. Die flexible Rückzahlung hat jedoch ihren Preis: das Kreditinstitut darf vom Verbraucher im Gegenzug eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Diese ist auf ein Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Beitrags beschränkt, sofern der Vertrag noch wenigstens ein Jahr läuft. Bei kürzeren Laufzeiten darf die Entschädigung nur 0,5 Prozent betragen. Einige Banken haben jedoch bereits angekündigt, bei Ratenkrediten auf die Vorfälligkeitsentschädigung zu verzichten. Die Regelung gilt nicht bei Altverträgen.

Tilgunsplan: Jeder Verbraucher hat künftig Anspruch auf einen Tilgungsplan. Diesen muss er jedoch anfordern.

Anwendungsbereich: Nicht alle Kreditarten werden von der EU-Richtlinie erfasst. Die neuen Regelungen gelten zunächst für Verbraucherkredite. Darlehen zwischen Privatpersonen werden nicht berücksichtigt. Kleinkredite unter 200 Euro, zinsfreie Darlehen und Förderkredite fallen ebenfalls nicht unter das neue Gesetz. Neben den klassischen Ratenkrediten gilt die Verbraucherkreditrichtlinie auch für Überziehungskredite und geduldete Überziehungen.

Trotz der zahlreichen Neuerungen für die Vergabe von Krediten an Privatkunden steht der Bundesverband der Verbraucherzentrale der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie skeptisch gegenüber. Ob die neuen Regelungen den Verbraucherschutz im Kreditbereich wirklich verbessern werden, bleibt abzuwarten. Das hängt unter anderem auch davon ab, wie kurz und verständlich die vorgeschriebenen Verbraucherinformationen ausfallen. Für die Banken bedeutet die Richtlinie jedenfalls eine Menge Arbeit. Vor allem kleinere Institute schaffen es unter Umständen nicht, sämtliche Vorgaben fristgerecht umzusetzen.

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