Zum Jahreswechsel ist bei vielen das Geld alle

Viele rutschen gerade zum Jahresbeginn in die Miesen. Bei einigen ist der Heiligabend sogar dafür verantwortlich, dass der Weg in die Schuldnerberatungsstelle nicht mehr zu vermeiden ist - denn so mancher übernimmt sich beim Geschenkekauf. Die gestiegenen Kosten für Sprit und Lebensmittel sorgen ohnehin für Mehrausgaben.

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«Viele vergessen, dass sie zum Jahresende Rücklagen bilden müssen», sagt Elvira Roth, Expertin für Budgetplanung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Gerade Anfang Januar, wenn zu Weihnachten und Silvester viel Geld ausgegeben wurde, sollte aber noch Geld auf dem Konto sein. «Sie müssen Weihnachten genauso behandeln wie ihren Jahresurlaub», sagt Roth, die in der Beratungsstelle Kamen tätig ist. Denn viele geben jedes Jahr mehrere Hundert Euro für Geschenke aus - laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche rechnen die Deutschen mit 420 Euro in diesem Jahr.

Dabei werden gerade zu Jahresbeginn bei manchem bestimmte Jahresbeträge fällig. So werden Jahreszahlungen für Kfz- und Haftpflichtversicherung klassischerweise im Januar abgebucht. Andere gehen für den Sportverein in Vorleistung, wieder andere zahlen den Skiurlaub oder die erste Rate für den Sommerurlaub. Der Hauptgrund ist Schuldnerberatern zufolge aber das Weihnachtsfest, wenn im Januar die Zahlen auf dem Kontoauszug rot sind.

«Dem Kind soll es nicht schlecht gehen, und die Elektromärkte werben mit zinsfreiem Ratenkauf» - das sind laut Marius Stark von der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände in Berlin typische Gedanken in der Vorweihnachtszeit. Und es sind auch Gründe dafür, dass bei vielen nach dem Jahreswechsel die Ernüchterung einkehrt, wenn sie einen Kontoauszug in der Hand halten. «Im Januar und Februar kommen die Zahlungsaufforderungen - und viele, die zu uns kommen, haben diesen Spielraum auf dem Konto gar nicht.»

Laut einer Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Neuss, die Anfang November veröffentlicht wurde, stieg die Zahl der als überschuldet geltenden Privatpersonen in diesem Jahr auf einen neuen Höchststand: Rund 7,3 Millionen Menschen können ihre monatlichen Ausgaben dauerhaft nicht decken. Bei etwa 1 Million sei dafür «unangemessenes Konsumverhalten» verantwortlich, und zunehmend sei Verschuldung auch ein Problem der Mittelschicht. Auch ist nur in jedem dritten Fall Arbeitslosigkeit der Grund. Die Schufa in Wiesbaden hat Ende November für 2006 rund 2,9 Millionen verschuldete Deutsche gemeldet.

Dennoch wischen viele die Überlegungen zur Haushaltsplanung in der Vorweihnachtszeit beiseite. Wer aber auch in den anderen Monaten des Jahres nur gerade so mit dem Geld auskommt, sollte vor Weihnachten besonders vorsichtig sein, sagt Stark. Nicht die Verlockungen in den Geschäften, sondern der Stand des Girokontos sollte der Maßstab dafür sein, was sich die Familie zu Weihnachten gönnt. «Nicht gleich losgehen - erst einen Überblick über das zur Verfügung stehende Geld verschaffen», rät Roth.

«Das Problem der meisten, die sich verschulden, ist, dass sie ihre künftige finanzielle Situation falsch einschätzen», sagt Stark. Dann kippt das Girokonto ins Minus. Dabei ist der Dispo-Kredit eine viel zu teure Art, sich Geld zu leihen: Laut der unabhängigen, auf Zinsvergleiche spezialisierten Finanzberatung FMH in Frankfurt/Main lag der durchschnittliche Satz bei den Banken und Sparkassen Ende November bei 12,18 Prozent. Von Guthabenzinsen in dieser Höhe können Sparer nur träumen.

Die meisten, die im Januar in die Schuldnerberatung kommen, haben Kreditschulden beim Versandhandel, so die Erfahrung von Werner Sanio, Vorstandsmitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung in Kassel. Denn per Mausklick lebt es sich noch schneller über die eigenen Verhältnisse. Auch «Kreditshops in der Fußgängerzone» werden für viele laut Sanio vor Weihnachten zur Falle: «Da gehen Sie rein und mit einem Kredit wieder raus.»

Eine frühzeitige Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben kann helfen: «Miete, Energiekosten, Krankenversicherung - alles, was die Existenz sichert, steht an erster Stelle», sagt Stark. Vergessen werden dürfen auch nicht solche Beträge, die möglicherweise erst in ein, zwei Monaten abgebucht werden. Sanio rät aber nicht zu Verzicht und Miesepetrigkeit: «Wir sagen in der Beratung nicht: Bloß keine Spontankäufe. Man muss sich auch mal was gönnen.» Nur darf dabei der Blick auf den Haushaltsplan nicht verloren gehen.

Versicherungen ruhig jährlich zahlen

Bei vielen Haushalten belastet es das Budget, wenn zum Jahresbeginn die Versicherungsbeiträge für das ganze Jahr auf einen Schlag abgebucht werden. Dennoch gilt: besser vorplanen als monatlich zahlen. Denn die Unternehmen wollen weniger Geld, wenn die Prämien im Voraus bezahlt werden. Bei den Sachversicherungen wie Haftpflicht oder Hausrat werden um 5 bis 8 Prozent höhere Kosten fällig, wenn monatlich gezahlt wird, heißt es beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. Wer halbjährlich zahlt, hat 3 Prozent höhere Ausgaben. Auch Lebensversicherungen sind teurer, wenn der Beitrag für das sogenannte Versicherungsjahr monatlich abgestottert wird - hier werden um 2 bis 5 Prozent höhere Prämien fällig.

Das Haushaltsbuch der Verbraucherzentralen

Es geht zwar auch mit einem Schulheft - wer aber sicher gehen will, dass er keine Ausgaben vergisst, bekommt bei den Verbraucherzentralen ein Buch mit vorgefertigten Tabellen zur Haushaltsplanung. Neben diesen Möglichkeiten zur detaillierten Auflistung von Einnahmen und Ausgaben enthält das Heft Spartipps. Die regionalen Stellen der Verbraucherzentralen finden sich im Internet unter www.verbraucherzentralen.de.

(Internet: www.meine-schulden.de; www.bag-schuldnerberatung.de.)