Die Lebensversicherung bringt wenig Rendite

Die Lebensversicherung ist der Deutschen liebste private Altersvorsorge. Von dem oft über Jahrzehnte angesparten Geld erhoffen sich viele einen sorglosen Ruhestand. Der Abschluss einer solchen Versicherung will aber überlegt sein.

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Wichtigstes Kriterium bei der Entscheidung ist die eigene Lebensvorstellung. «Die Grundfrage lautet: Wofür lege ich das Geld an?», sagt der Referent für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Thüringen in Erfurt, Andreas Behn. Dann spielt der Anlagezeitraum eine Rolle. Das Risiko, das jemand einzugehen bereit ist, die Flexibilität der Beitragshöhe und der Zugriff auf das angesparte Kapital müssen bedacht werden.

Wer zum Beispiel den Kauf einer Immobilie plant, sollte nach Behns Ansicht keine Versicherung abschließen. Eine vielleicht erforderliche Vertragsauflösung könnte problematisch werden. Das treffe auch bei Arbeitslosigkeit zu. «Wenn ich garantiert nicht auf das Geld zugreifen muss und lange Zeit zum Ansparen habe, dann ist eine Lebensversicherung eventuell die richtige Vorsorge», sagt der Berater. Sein Tipp: Im Gespräch mit Versicherungsvertretern die eigenen Bedürfnisse klar machen und das Produkt darauf abstimmen.

Zu den Vorsorge-Alternativen zählen Riester- und Rürup-Rente, Fondsanlagen oder Betriebsrenten. Sie seien zwar häufig erst ab dem 60. Lebensjahr verfügbar. Dafür winken staatliche Zuschüsse und Steuervorteile, erläutert Bianca Höwe, Pressesprecherin des Bundes der Versicherten in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. Sie räumt Haftpflicht- und Berufsunfähigkeitsversicherung absoluten Vorrang vor einer Kapitallebensversicherung ein. «Versicherung und Vorsorge strikt trennen», nennt sie ihre Maxime. Für sinnvoll erachtet Höwe eine den Hinterbliebenen zugute kommende Risikolebensversicherung. «Da gibt es eine hohe Summe zu vernünftigem Beitrag.»

Eine Kapitallebensversicherung bezieht den Todesfall zu Lasten der Vorsorge mit ein. «Von 50 Euro Beitrag geht ein Anteil für das Todesfallrisiko weg, ein anderer für die Verwaltungskosten des Versicherers», rechnet Höwe vor. «Für mich wird nur der Rest angespart.» Das Ergebnis sei eine schlechte Rendite, weil diese lediglich auf das tatsächlich angesparte Kapital geleistet werde. Ob also jeden Monat 20 oder 35 Euro angesammelt werden, wirkt sich gravierend auf den am Ende der Laufzeit fälligen Betrag aus. Sicher ist dem Kunden nur das vertraglich garantierte Kapital.

Die Expertin hält es für schwierig, den angesparten Anteil pro Beitrag auszurechnen. Denn «die Gesellschaften sind nicht verpflichtet, die einzelnen Kostenpositionen offen zu legen». Generell gilt: Die Kosten für Verwaltung und Vertreterprovision variieren mit der Beitragshöhe. Günstige und renditestarke Assekuranzen sind nach den Erfahrungen der Experten nicht unbedingt unter den Großen der Branche zu finden. Diese sind aber kapitalstark; die Bonität eines Unternehmens sollte in die Überlegungen einfließen.

Wegen bescheidener Renditen bescheinigt Stefan Albers, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Versicherungsberater mit Sitz in Köln, der Lebensversicherung als «Kapitalanlage einen begrenzten Nutzen». Erwische ein Kunde eine mit lediglich ein bis zwei Prozent verzinste Versicherung bestehe sogar die Gefahr, dass das Kapital von der Inflation aufgefressen wird. Auf ein Tagesgeldkonto bekommen Sparer derzeit etwa drei Prozent Zinsen.

Albers bevorzugt eine Rentenversicherung ohne Todesfallschutz. Im Unterschied zu der auf einen Schlag ausbezahlten Kapitalleben wird «die Rentenversicherung als monatliche Leibrente gezahlt». Die Leibrente muss versteuert werden; derzeit sind es 18 Prozent auf 100 Euro. Auch bei Auszahlung des Kapitals kassiert der Fiskus mit.

Legt es jemand darauf an, seine eingezahlten Beiträge wieder heraus zu bekommen, muss er Berechnungen des Koblenzer Finanzwissenschaftlers Heinrich Bockholt zufolge ein Alter von mindestens 90 Jahren erreichen. Ansonsten geht die Versicherungsgesellschaft aus dieser «Wette mit dem Tod» als Gewinner hervor.

Wer eine solche Wette nicht eingehen mag, sollte sich ein Produkt mit Kapitalwahlrecht aussuchen. «Bei Fälligkeit entscheide ich, wie das Geld ausbezahlt wird», so Stefan Albers. Grundsätzlich sieht er Lebensversicherungen kritisch. Im Vergleich zu Aktien und anderen Anlageformen seien sie bequem, weil «man sich nicht kümmern muss. Die Trägheit zahlt man mit mit abgespeckter Rendite.»

Bei Leibrente auf lange Rentengarantiezeit achten

Soll die Lebensversicherung nicht im Todesfall, sondern als monatliche Leibrente ausgezahlt werden, muss der Kunde auf eine lange «Rentengarantiezeit» achten. Das empfiehlt Stefan Albers, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Versicherungsberater mit Sitz in Köln. Als «Rentengarantiezeit» wird die Frist bezeichnet, in der die Versicherungsgesellschaft die Leibrente zahlen muss - unabhängig davon, ob der Kunde noch lebt oder nicht. «Standard sind 5 Jahre», sagt Albers. Bei einem Rentenalter von 65 Jahren seien 15, 17 oder 20 Jahre besser. «Sonst gucken die Hinterbliebenen in die Röhre.»