Das neue Wohnungseigentumsgesetz

Das neue Wohnungseigentumsgesetz (WEG) hat mehr Flexibilität gebracht. So lassen sich Beschlüsse zu Gebühren oder zur Sanierung leichter durchsetzen. Ein Problem hat das Gesetz aber: Eigentümer, die knapp bei Kasse sind, können durch Beschlüsse in der Eigentümerversammlung in Bedrängnis geraten. Im schlimmsten Fall kann sogar das Eigentum in Gefahr kommen.

Wer laufende Kosten und Rücklagen nicht mehr tragen kann, dem kann in letzter Konsequenz das Eigentum entzogen werden. Oder er muss verkaufen. Hintergrund des Problems sind die Abstimmungsregeln in der Eigentümerversammlung: Wo früher nur Einstimmigkeit zur Entscheidung führte, reichen nun Mehrheitsentscheidungen - zum Beispiel, wenn es um notwendige, aber teure Modernisierungen oder die Anpassung an den Stand der Technik geht. Das kann die Anschaffung einer neuen, wärmedämmenden Hausfassade sein oder der Einbau eines Aufzugs. Wer überstimmt wird und das Geld nicht flüssig hat, kann also unter Umständen dumm dastehen.

Auch den Einbau von Diebstahlsicherungen muss ein finanziell schlecht gestellter Wohnungsbesitzer zähneknirschend akzeptieren. Ebenso gilt das für den Anschluss eines Breitbandkabels oder den Bau von Grünanlagen und Spielplätzen. So etwas erhöht den Gebrauchswert der Immobilie Dennoch müssen Eigentümer sich nicht unbedingt mit solchen Entscheidungen abfinden. Sie sollten zunächst genau prüfen, ob es sich tatsächlich um eine den Wert erhöhende Anpassung handelt oder um Luxus.

Eine Kosten-Nutzen-Analyse liefert dazu erste Anhaltspunkte. Eine Solaranlage kann sich in Zukunft rechnen, ein Fahrstuhl ist erlaubt, ein Swimmingpool eher Luxus. Außerdem sieht das WEG eine Notbremse für finanzschwache Eigentümer in der Hausgemeinschaft vor. Das Stichwort lautet «Unbilligkeit»: Eine Sanierung muss zum Beispiel notwendig im Sinne eines höheren Gebrauchswerts sein und darf nicht zu "Unbilligkeiten" führen.

Und vermutlich würde der 90 000 Euro teure Anbau eines Balkons ebenfalls als unzumutbar gelten. Die sogenannte Opfergrenze ist dort erreicht, wo jemand gezwungen ist, sein Eigentum zu verkaufen, um überhaupt die Kosten zu tragen. Allerdings ist eine solche Grenze bisher weder gerichtlich noch gesetzlich festgelegt. Fühlt sich ein Eigentümer finanziell benachteiligt, kann er den Beschluss der Eigentümerversammlung vor Gericht anfechten.

Der Ausweg kann über den Kostenschlüssel führen. Nach dem WEG ist es möglich, Belastungen danach umzulegen, "wer was in Anspruch nimmt." So kann für Einbau und Wartung eines Aufzugs derjenige kräftiger zur Kasse gebeten werden, der ihn stärker nutzt: Die alte Frau im Parterre zahlt dann weniger als die vielfrequentierte Arztpraxis im dritten Stock. Voraussetzung ist ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft. Damit kann auch die Verteilung der oftmals strittigen Kosten für Müllabfuhr oder für Verwaltung geändert werden.

Ein Ausweg ist auch der, dass die Eigentümergemeinschaft einem klammen Miteigner gemeinschaftlich unter die Arme greift: Zum Beispiel, indem sie ihm aus dem Verwaltungsvermögen, dem Hausgeld oder den Rücklagen einen Kredit einräumt. Darüber hinaus sieht die Anwältin jeden Eigentümer in der Pflicht, selbst und ständig auf ausreichende Rücklagen zu achten: Am besten einen Sparplan anlegen und langfristig planen.

Ist ein Eigentümer wegen eines Streits um Modernisierungskosten in der Hausgemeinschaft zum Verkauf gezwungen, muss er die Zwistigkeiten einem Kaufinteressenten gegenüber offenlegen. Denn wer den Streit verschweigt, muss den Kauf im schlimmsten Fall rückabwickeln.