In der Not die richtige Anlage auflösen

Wer in einen finanziellen Engpass gerät, muss möglicherweise Teile des Ersparten antasten. Weil das Geld heute aber nur selten unter der Matratze klemmt, sondern meist auf der Bank liegt oder in Versicherungen steckt, ist überlegtes Handeln gefragt. So ist es zum Beispiel nicht empfehlenswert, spontan die Altersrücklage zu kündigen. Bei Zahlungsschwierigkeiten sollten Verbraucher vielmehr versuchen, regelmäßige Sparbeiträge zu reduzieren. Am wichtigsten ist es aber, sich zunächst ein klares Bild über die eigene Anlagesituation zu machen.

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Vor allem die voraussichtliche Dauer, die es zu überbrücken gilt, spielt bei der Entscheidung eine Rolle. «Bei kurzfristigen Engpässen von bis zu einem Jahr macht es keinen Sinn, eine Kapitallebensversicherung in ihrer Spätphase zu kündigen», sagt Arno Gottschalk, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen. Nahe liegender sei es, zunächst auf «flüssige» Rücklagen zurückzugreifen - also auf Spar- und Tagesgeldkonten oder Wertpapiere.

Auch auf mehrere Jahre angelegte Produkte wie Festgeld sind nicht unantastbar. «In vielen Fällen ist keine Kündigung vorgesehen. Es lohnt sich aber, mit der Bank zu sprechen», sagt Arno Gottschalk. Bei einer vorzeitigen Auflösung müsse in der Regel nur ein so genannter Vorschusszins gezahlt werden. Er kann bis zu einem Viertel der Guthabenzinsen betragen. Den Anlagebetrag gibt es dafür aber komplett zurück.

Von der Aufnahme eines Kredits in Notsituationen raten Experten eher ab. «Mit geliehenem Geld Zahlungsschwierigkeiten zu überbrücken, kommt nur in Frage, wenn es innerhalb von drei Monaten zurückgezahlt werden kann», sagt Tom Friess vom Vermögenszentrum München. Bevor ein Kredit aufgenommen wird, sollten daher stets andere Geldanlagen aufgelöst werden. «Schuldzinsen sind in der Regel höher als Habenzinsen.» Laut der unabhängigen Finanzberatung FMH in Frankfurt/Main sind Konsumentenkredite derzeit ab einem Zins von etwa vier Prozent erhältlich. Dispozinsen schlagen dagegen mit acht Prozent und mehr zu Buche.

Der Verkauf von Wertpapieren wie Aktien oder Fonds ist einer Kreditaufname daher selbst dann vorzuziehen, wenn ein Verlustgeschäft droht. «Man weiß nie, wie sich die Kurse entwickeln. Möglicherweise wird das Minus noch größer», erläutert Friess. «Die Schulden und Kreditzinsen bleiben aber trotzdem.»

Als Ausweg aus schlechten Zeiten erscheint häufig auch die Kündigung einer Lebensversicherung. Das ist zwar jederzeit möglich. «Es lohnt sich aber nur ganz selten», warnt Susanne Meunier, Versicherungsexpertin der Stiftung Warentest in Berlin. Gerade in den ersten Jahren zögen die Versicherungsgesellschaften anfallende Gebühren von den Beiträgen ab. Bei einer frühen Kündigung drohe daher ein schlechtes Geschäft. Ist die Lebensversicherung an eine Berufsunfähigkeitspolice gekoppelt, riskieren außerdem gerade ältere Arbeitnehmer einen wichtigen Schutz, fügt Arno Gottschalk hinzu.

Susanne Meunier rät daher, in der Notsituation Alternativen auszuloten. Wem vor allem die laufenden Zahlungen Schwierigkeiten bereiten, der sollte sich nach einer Stundung der Beiträge erkundigen. Auch eine Beitragsfreistellung ist fast immer möglich. Die Versicherungssumme wird dann reduziert. Zudem kann die Versicherung häufig beliehen werden. Das hat den Vorteil, dass der Vertrag bestehen bleibt. Dennoch empfiehlt sich ein Vergleich mit anderen Darlehensangeboten.

Wer um die Auflösung der Police nicht herum kommt, sollte einen Blick auf den so genannten Zweitmarkt werfen. Laut Susanne Meunier werben zum Beispiel spezielle Versicherungs-Aufkäufer häufig mit Summen, die bis zu 15 Prozent über dem Rückkaufswert der Versicherungsgesellschaften liegen. Ob das Angebot lohnenswert ist, müsse aber im Einzelfall geprüft werden. Außerdem seien die Aufkäufer an möglichst profitablen Verträgen interessiert und daher wählerisch.

Auf keinen Fall sollten Riester-Verträge zur Altersvorsorge gekündigt werden. Dann geht nicht nur die gesamte Förderung verloren. Auch Steuervorteile vergangener Jahre müssten dann zurück gezahlt werden, erläutert Meunier. Als verbraucherfreundlich erweisen sich in finanziellen Notsituationen dagegen Bausparverträge. Denn die monatlichen Sparraten können jederzeit verändert oder ganz ausgesetzt werden, erklärt Arno Gottschalk. «Die Zuteilung verschiebt sich dann einfach nach hinten.» Anders als bei Lebensversicherungen drohen bei einer Beitragsreduzierung außerdem keine finanziellen Einbußen: Die Zinszahlungen zum Ende des Jahres bleiben erhalten.