Schufa-Score entscheidet über Kreditvergabe

Die Schufa hat die Sammelwut gepackt: Längst speichert sie nicht mehr nur Adressen und Geburtsdaten. Die Zahl der Kinder und Kreditkarten oder Kredit-Informationen sollen Aufschluss die Kreditwürdigkeit. Daraus errechnete Kennziffern entscheiden darüber mit, wie hoch der Zinssatz für ein Privatdarlehen ist - oder ob überhaupt ein Kredit gewährt wird.

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Die Grundlage für die Berechnungen der «Risikogruppe» liefern den Unternehmen so genannte Finanz-Auskunfteien. Sie werten alles aus, was sie über einen Menschen in Erfahrung bringen können und liefern die Daten dann an Banken, Versandhäuser und Handybetreiber. Nach geheimen Gewichtungen wird dann ein so genannter «Score» - Englisch für Punktzahl - errechnet. Dieser soll Auskunft über das künftige Zahlungsverhalten eines Kunden geben - und den Banken helfen, das Ausfallrisiko abzuschätzen. Damit wollen Geldinstitute und Versandhändler erreichen, nicht auf unbezahlten Rechnungen sitzen zu bleiben.

Darlehensnehmer sollten sich immer ihrer eigenen finanziellen Situation bewusst sein und Angaben wie den effektiven Zinssatz oder andere wichtige Kreditmerkmale im Lichte Ihrer Fähigkeit, den Kredit auch tatsächlich zurück zu zahlen. Viele Internetportale helfen mit nützlichen Informationen Verbrauchern dabei, Kreditangebote unter die Lupe zu nehmen.

Das ist ein für die Unternehmen verständliches Ziel. Verbraucherschützer kritisieren aber, dass die Einstufung oft nur wenig mit den tatsächlichen persönlichen Verhältnissen zu tun hat. «Es ist ein großes Problem, das nicht der Einzelne eingestuft wird, sondern die Gruppe», bemängelt Edda Castelló, Leiterin der Abteilung Recht und Geld bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Denn um das angebliche Risiko, das in einem Verbraucher steckt, zu errechnen, wird er einer Vergleichsgruppe zugeordnet.

Ein Beispiel ist die Gruppe der Frauen im Alter von ungefähr 30 Jahren, die allein leben, in den vergangenen Jahren dreimal umgezogen sind und zwei Kreditkarten haben. Um einen «Risikowert» zu errechnen, kontrollieren die Datensammler, wie oft diese Frauen ihre Rechnungen nicht bezahlt, ihre Kredite nicht getilgt haben. Sind viele solcher Frauen schlechte Zahler, sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass das für die ganze Gruppe gilt, so die Begründung der Unternehmen.

Aber auch Verbraucher, die gut verdienen und ihre Rechnungen immer pünktlich bezahlt haben, können in eine schlechte Gruppe eingestuft werden. Dazu reicht es aus, dass nur ein Element in der Score-Berechnung schlecht ist. Es genüge etwa schon, wenn der Verbraucher in einer als positiv oder negativ eingestuften Straße wohnt. «Man geht davon aus, dass gleich und gleich sich gesellen. Wenn in einer Gegend pünktliche Zahler wohnen, werden auch die Nachbarn besser eingestuft», erklärt Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein in Kiel.

«Das ist wie bei der Pannenstatistik», heißt es bei der Schufa in Wiesbaden, die seit 1996 Scores errechnet. Der ADAC führe eben ein Jahr lang Bücher darüber, welche Automodelle häufiger liegen bleiben als andere. «Und wir beobachten 15 Monate lang, wie sich die Gruppe verändert, der eine Person zugehörig ist», sagt ein Schufa-Sprecher. Anschließend werde mit einem geheimen Schlüssel ein tagesaktueller Score errechnet.

Zur Auswahl der Daten und zu ihrer Gewichtung gibt die Schufa keine Auskunft. «Wir entscheiden aber nicht über einen Kredit. Wir geben die Daten nur weiter.» Die Entscheidung treffen dann die Berater der Kreditinstitute. Dabei würden mehrere Komponenten berücksichtigt, erläutert Asli von Rheden, Sprecherin der Hamburger Sparkasse. Die Scoringnote sei nur eine Säule der Bonitätsbewertung.

Dennoch rufen viele Banken und Versandhändler den Score eines Kunden bei der Schufa routinemäßig ab, bevor sie über einen Kredit oder die Zahlform für eine Lieferung entscheiden. 2004 etwa gab die Schufa 72,3 Millionen Auskünfte an ihre Vertragspartner. Mehr als 40 Prozent davon fragten auch nach dem Score.

Gespeichert sind bei der Schufa nach eigenen Angaben die Daten von mehr als 62 Millionen Menschen. Viel mehr können es kaum werden: 93 Prozent der Deutschen hätten positive Einträge. Und nur um sie geht es beim Schufa-Scoring. Denn wer als säumiger Zahler einen negativen Eintrag hat, fällt aus der Skala ohnehin heraus.

Wehren können sich Verbraucher gegen das Vorgehen der Unternehmen kaum. Das liege vor allem daran, dass das Scoring-Verfahren für die Kunden nicht transparent ist, kritisieren Verbraucherschützer. Datenschützer Weichert fordert etwa, dass jeder Verbraucher über die Merkmale informiert wird, die seinen Score mitbestimmen. «In den USA ist das bereits so.» Weil Kunden dort Auskunft über die Rahmenbedingungen des Scores erhalten, könnten sie ihn auch aktiv positiv beeinflussen. Für hiesige Verbraucher sei das unmöglich.

Daten verweigern kann negativ auf «Score» wirken

Verbraucher können sich gegen ihre Einstufung per «Score» praktisch nicht wehren. Es kann sogar negativ auf die persönliche Kennziffer wirken, eine Anfrage zu persönlichen Daten zu verweigern, sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Und einen eindeutigen Rat kann sie nur zu freiwilligen Angaben auf Fragebögen geben: «Tendenziell sollte man einfach wenige Angaben machen.»