Das Verhältnis von Anleihen und Aktien im Depot

Die Kurseinbrüche an den Kapitalmärkten haben ihre Spuren in den Wertpapierdepots der vieler Anleger hinterlassen. Kann man mit einem optimal gemischten Korb aus Aktien und Anleihen eine Krise besser verkraften? Einen Königsweg für die Geldanlage gibt es allerdings nicht. Das zu ihm passende Portfolio muss jeder selbst finden.

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Wer besonders hohe Verluste erleiden musste, ist möglicherweise ein zu großes Risiko eingegangen. «Viele Anleger waren zu optimistisch, haben ihre Risikobereitschaft überschätzt und ihr Depot nicht an die Situation angepasst», sagt Prof. Klaus Spremann, Experte für Portfoliomanagement an der Universität St. Gallen in der Schweiz. Das könne zum Beispiel passieren, wenn der Aktienanteil im Depot sehr hoch ist und die Zahl der unterschiedlichen Aktien niedrig. Deutsche Anleger stünden etwa in dem Ruf, zu stark auf deutsche Aktien zu setzen.

Fachleute sprechen in solchen Fällen von einem schlechten «Rendite-Risiko-Verhältnis». Dieses zu verbessern, ist die Kernidee der Portfoliotheorie: «Es ist möglich, sein Depot dahingehend zu optimieren, dass man das Risiko bei gleicher Renditechance senkt», erklärt Martin Weber, Finanzwirtschaftler an der Universität Mannheim. So gehört es zum Börsen-Abc, dass auf lange Sicht niemand verlässlich die Entwicklung von Märkten oder einzelner Wertpapiere voraussehen kann. Deshalb sollten Anleger immer auf mehrere Pferde setzen. Dahinter steckt die Überlegung, dass steigende Kurse fallende theoretisch ausgleichen können.

Ob man zu dieser oder jener Aktie greift, ist dabei egal. Entscheidender ist es, neben verschiedenen Aktien auch noch andere Anlageklassen - Anleihen zum Beispiel - zu berücksichtigen. Doch auf die Frage, welche Anlageklassen in welchem Mischungsverhältnis in ein perfektes Portfolio gehören, gibt es keine einheitliche Antwort - und vor allem keine einfache. «Das hängt von den individuellen Bedürfnissen ab», sagt Spremann.

«Maßgeblich ist die eigene Risikoneigung», erläutert Karin Baur, Finanzexpertin bei der Stiftung Warentest in Berlin. Wichtige Fragen dabei sind: Wie hoch sind die Verluste, die jemand finanziell und psychologisch verkraften kann? Außerdem ist wichtig für die Anlageentscheidung, ob zum Beispiel schon Geld in ein eigenes Haus oder eine eigene Firma investiert ist. Bestimmte Anlagechancen und -risiken wären damit bereits abgedeckt. Was mit dem Vermögen geschehen soll, das man aufbauen möchte und wann man es voraussichtlich braucht, ist ebenfalls eine notwendige Vorüberlegung.

Einigkeit besteht darüber, dass Sparer ihr Vermögen in zwei Teile trennen sollten: in einen sicheren und einen eher risikobehafteten. «Der sichere Teil sollte zum Beispiel aus Tagesgeld oder Festgeld bestehen», rät Weber. Aber auch andere vergleichsweise sichere Anlageformen wie Bausparverträge oder Lebensversicherungen sind denkbar. Hintergrund dafür ist, dass in schlechten Zeiten oder für eine Anschaffung das Geld vorhanden ist, selbst nach einer Börsen-Talfahrt. Dabei gilt: Garantierte Zinsen sind gut und schön.

Finanzexperten bezweifeln aber, dass ausschließlich mit sicheren, aber niedrig verzinsten Anlagen eine ausreichende Altersvorsorge möglich ist. Für die Chance auf attraktivere Renditen - bei gleichzeitig höherem Risiko -, steht der Teil, der sich aus Wertpapieren verschiedener Anlageklassen zusammensetzen sollte. «Aktien und Anleihen gehören auf jeden Fall hinein», sagt Weber. Als weitere etablierte Anlageklassen gelten Immobilien und Rohstoffe.

Darüber hinaus wird es schwammig. Für das optimale Mischungsverhältnis kommt die Kapitalmarktforschung zu unterschiedlichen Ergebnissen. Weber zufolge hat sich ein Mix von 60 Prozent weltweiter Aktien, 25 Prozent europäischer Anleihen und 15 Prozent Rohstoffanlagen in der Vergangenheit als erfolgreich herausgestellt.

Spremann zufolge sollte der Aktienanteil eher unter zwei Drittel liegen. Das häufig verwendete Argument, langfristig brächten Aktien die beste Rendite und kurzfristige Abschwünge ließen sich aussitzen, sei in jüngeren Untersuchungen in ein kritisches Licht geraten. Es habe in der Vergangenheit jahrzehntelange Phasen gegeben, in denen die Weltwirtschaft eher für maue Aktienrenditen sorgte - das könnte auch künftig wieder der Fall sein.

Die Stiftung Warentest schlägt Musterdepots für unterschiedliche Anlegertypen vor. Das für Anleger, die für hohe Renditen viel riskieren wollen, sollte zu einem Viertel aus Zinsanlagen wie Anleihen und zu drei Vierteln aus Aktien aus Europa, Nordamerika, der Pazifik-Region und den Schwellenländern bestehen - in dieser Reihenfolge. Dabei liege das Verlustrisiko den Angaben zufolge statistisch betrachtet nach 5 Jahren bei sechs Prozent, nach 10 Jahren bei einem Prozent, nach 30 Jahren bei Null.

Vorsichtige Anleger drehen das Verhältnis um und setzen auf 75 Prozent Anleihen. In diesem Fall liege die Verlustwahrscheinlichkeit von Anfang an im Promillebereich, schreibt die Stiftung in ihrer Zeitschrift «Finanztest» (Ausgabe 9/2008). Die Experten raten aber auch dazu, sich nicht für alle Ewigkeit auf einer Wahl auszuruhen: «Ein einmal erstelltes Portfolio ist selten für alle Zeiten perfekt», sagt Weber. «Anleger sollten die Zusammensetzung idealerweise einmal jährlich überprüfen», rät Baur - «zumindest aber, wenn sich die Lebenssituation und damit die persönlichen Ziele ändern.»

Literatur: Martin Weber, «Genial einfach investieren. Mehr müssen Sie nicht wissen - das aber unbedingt!», Campus Verlag, ISBN: 978-3593382470, 24,90 Euro; Klaus Spremann: Portfoliomanagement, Oldenbourg, ISBN: 978-3486587791, 39,80 Euro.