Ferien fürs Depot

Börsenturbulenzen kennen keine Ferien. Deshalb können Kursstürze Anlegern im Urlaub gehörig die Stimmung vermiesen. Absolute Sicherheit gibt es zwar nicht, aber mit einigen Schutzmaßnahmen lassen sich das Wertpapierdepot gegen das Schlimmste wappnen und die eigenen Nerven beruhigen.

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Die radikalste Lösung ist, einen Teil der Aktien zu verkaufen und Bares auf einem gut verzinsten Tagesgeldkonto zu parken. Doch das kommt nicht in Frage, wenn nach den Ferien die alten Papiere wieder auf dem Einkaufszettel stehen. Solche Transaktionen treiben eher die Spesen als den Gewinn in die Höhe. «Die Gebühren müssen erst einmal wieder hereingeholt werden», erklärt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. Die Börsenweisheit «Hin und her macht Taschen leer» lässt grüßen.

«Solche Umschichtungen lohnen nur dann, wenn die Anlagestrategie generell geändert werden soll», sagt Dieter Kern, Geschäftsführer des Finanzdienstleisters Trigonus in Hanau (Hessen). Allerdings sei der anstehende Sommerurlaub eine gute Gelegenheit für eine allgemeine Bestandsaufnahme. Gewinne vorzüglich gelaufener Papiere mitzunehmen, das könne nicht schaden. «Und nach vier guten Börsenjahren können Anleger in Betracht ziehen, ihr Geld generell etwas defensiver zu investieren, um auf etwaige Rückschläge vorbereitet zu sein.»

Eine Möglichkeit, sich vorübergehend gegen Verluste abzusichern, sind Optionsscheine, erläuert Kern. Mit einer «Put-Option» erwerben Anleger das Recht, einen Basiswert - etwa Aktien oder Indizes - zu einem festgelegten Zeitpunkt und Preis zu verkaufen. Sie setzen also auf fallende Kurse. In diesem Fall wird die Option nicht gezogen, sondern vor Ende der Laufzeit nach dem Urlaub wieder verkauft. Weil aber der Wert des Papiers steigt, wenn der Basiswert fällt, fungiert es als «Sicherheitsnetz».

«Auf Grund eines eingebauten Hebels kann ein Depot mit geringem Kapitaleinsatz gegen Wertverluste geschützt werden», erklärt Niels Nauhauser. So lasse sich eine Auswahl aus europäischen Standardwerten im Volumen von 10 000 Euro über einen Euro-Stoxx-Put per zehnfachem Hebel mit 1000 Euro Einsatz absichern. Ein Zuwachs entsteht unter dem Strich aber nicht. «Man zahlt quasi eine Versicherungsprämie für den Werterhalt», erläutert Vermögensberater Dieter Kern.

Da Erlöse von Optionsscheinen in jedem Fall steuerpflichtig sind und Bankgebühren fällig werden, sind sie «keine billige Lösung» und «eignen sich wegen ihrer Komplexität zudem nur für erfahrene Anleger», sagt Nauhauser. Eine Alternative sind so genannte Stopp-Loss-Marken. Dabei wird ein Kurslimit für ein Wertpapier festgelegt, bei dessen Unterschreiten automatisch eine Verkaufsorder zur nächsten ermittelten Notiz ausgeführt wird.

«Wie tief die Stoppkurse angesetzt werden, liegt im eigenen Ermessen», sagt Karin Baur von der Zeitschrift «Finanztest», die die Stiftung Warentest in Berlin herausgibt. Zu eng sollte der Spielraum nicht bemessen sein - damit an einem einmaligen nervösen Handelstag nicht gleich die Reißleine gezogen wird. Zwischen 5 und 10 Prozent unterhalb des aktuellen Kursniveaus für Standardwerte und bis zu 25 bei Nebenwerten sind laut Baur angemessen.

Der Vorteil der automatischen Notbremse ist zugleich ein Nachteil: Die Entscheidung über die Order liegt nicht mehr in der eigenen Hand. «Hat sich die Situation geändert, bewertet der Anleger die Aussichten eines Wertpapiers möglicherweise ganz neu und würde die Anteile doch halten oder sogar nachkaufen», sagt Finanzexperte Dieter Kern.

Kern rät deshalb - falls möglich - zu Limitbenachrichtigungen. Sie werden von manchen Depotbanken, aber auch von Finanzportalen wie www.ariva.de angeboten. Dann schlägt zunächst eine E-Mail Alarm, wenn eine vorher festgelegte Kursschwelle erreicht worden ist. Order ja oder nein, darüber kann der Kunde dann selbst bestimmen.

Das setzt voraus, dass er im Urlaub über einen Zugang zum Internet verfügt. Ein Problem dürfte das an vielen Ferienorten nicht sein - abgesehen von der Frage, ob die Familie damit einverstanden ist, wenn die Börse auch auf Reisen ein Thema ist. Wo es an welchem Urlaubsziel ein Internetcafé gibt, darüber geben Webseiten wie www.worldofinternetcafes.de und www.online-cafes.net Auskunft.

Wer auch in der Ferne seine Wertpapiere online verwalten möchte, darf Depotnummer, PIN und TAN nicht vergessen. Karin Baur von der «Finanztest» warnt jedoch davor, solch sensible Daten an öffentlichen Computern zu verwenden. Stattdessen sollten Anleger lieber mit ihrem Bankberater vereinbaren, was im Zweifelsfall zu tun ist.

Am besten ist es laut Verbraucherschützer Niels Nauhauser, Aufwand und Kosten zu sparen und einfach den Urlaub zu genießen - unabhängig vom Auf und Ab an der Börse. «Geldanlage ist eine Angelegenheit für mehrere Jahre. Langfristige Anleger mit einem breit gestreuten Depot müssen nicht ständig reagieren.» Sie können vorübergehende Kursdellen beruhigt aussitzen.

Freunde als «Depot-Sitter»

Auch Freunde und Bekannte dürfen Orders ausführen, wenn sie eine Vollmacht haben. Es sei sinnvoll, diese Art der Urlaubsvertretung mit der Bank abzusprechen, sonst könnte diese misstrauisch reagieren, wie Karin Baur von der Zeitschrift «Finanztest» in Berlin erläutert. Zudem seien klare Verhaltensanweisungen Pflicht. Schließlich dürften es nur wenige Vertrauensverhältnisse ertragen, wenn beim Freundschaftsdienst etwas schief und deshalb Geld verloren geht.